Eine gemütlicher kleiner Laden, in dem ein Fleischermeister seine Steaks und Kotletts mit Schmäh anbietet. Ein bärtiger Senner, der bodenständig und mit viel Muße im Käsebottich rührt oder ein verträumter Bäcker, der von Hand die Germteigstriezel flechtet. Solche Bilder liefert uns die Werbung. Sie haben nichts mit der Realität in vielen dieser Betriebe zu tun. Klar, so funktioniert Werbung. Sie muss überzeichnen, um zu überzeugen.

Werbung wirkt

Emotionen, die Naturverbundenheit, Regionalität und Zusammengehörigkeit vermitteln, machen uns zu Käufer*innen. Idyllische Szenen auf romantischen Bauernhöfen, qualitätsbewusste Handwerker mit Leidenschaft und zufriedene Kühe auf satten Almen geben uns in unsicheren Zeiten das Gefühl, beim Einkauf richtig zuzugreifen. Gute Werbung erzeugt Bilder im Kopf. Mit oftmaliger Wiederholung werden diese Bilder für uns unterbewusst zu einer neuen Wirklichkeit. Damit sind wir auch schon beim Problem. Große Handelsketten haben zwar Bio-Linien in ihrem Sortiment, doch der Großteil ihrer Ware wird konventionell hergestellt, meistens industriell, oft nicht regional und schon gar nicht nachhaltig. Genau dort wird das Billigfleisch verkauft, das wohl kaum vom Bergbauernhof kommt, sondern aus Massentierhaltung. Der günstige Käse kommt nicht von der Alm, sondern aus der Großmolkerei und statt dem hochwertigen Brot aus dem Holzofen, gibt es den aufgebackenen Teigling aus dem Backautomaten. Wir wollen das alles nicht wahrhaben, wo es doch in der Werbung so sympathisch rüberkommt und wir leichten Herzens, ohne schlechtes Gewissen einfach kaufen können.

Wir tappen im Dunklen

Als aufgeschlossene Konsumenten wissen wir, dass Werbung eine Scheinwelt suggeriert. Die wenigsten Handwerksbetriebe und Biobauern können sich Werbung in Massenmedien leisten. Das geht meist nur in Kooperation mit Handelsbetrieben, die damit ihr eigenes Markenimage aufpolieren. Auch gibt es in Österreich noch keine verpflichtende detaillierte Herkunftskennzeichnung für verarbeitete Lebensmittel. Lediglich der Ursprungsort der Hauptzutat ist seit dem heurigen Frühjahr verpflichtend auf den Etiketten zu finden. Bei stark verarbeiteten Lebensmitteln wie Würsten oder Fertiggerichten tappen wir Konsumenten noch im Dunkeln. Wir haben keine Ahnung, was genau in der Wurst oder der Pasta drinnen ist, ob das Fleisch aus Massentierhaltung oder die Eier von Käfighühnern außerhalb der EU stammen.

Wir werden regionaler

Seit dem  Ausbruch von Corona hat Regionalität als Entscheidungskriterium für den Einkauf stark zugelegt. In einer aktuellen Studie vom Marktforschungsinstitut Gallup sagen 8 von 10 Österreich*innen, dass sie in Zukunft stärker darauf schauen wollen, regionale Produkte in den Einkaufswagen zu legen. 69 Prozent der Befragten wollen beim Einkauf stärker auf Nachhaltigkeit und umweltgerechte Produkte achten. Durchaus schöne Aussichten. Regionalität allein sagt allerdings wenig über Qualität und Nachhaltigkeit. So gibt auch das AMA-Gütesiegel nur beschränkte Orientierung. Das österreichische Siegel garantiert lediglich, dass Tiere in Österreich geboren, aufgezogen, geschlachtet und verarbeitet wurden. Es bürgt für Standards bei Haltungsbedingungen und Fütterung der Tiere. Die liegen allerdings lediglich über den gesetzlichen Mindestanforderungen. Also auch hier, ein Manko an Klarheit.

Geiz ist geil

Noch ist der Dauerbrenner bei der Einkaufsentscheidung der Preis. Und hier sind sie wieder, die schönen Bilder aus dem Fernsehen, die die Vernunft ausschalten. Im schlimmsten Fall locken Angebote mit einem Preis, der das Tier und die Arbeit der Bäuer*innen entwertet. Die schöne Welt der Werbung hat sich in unseren Köpfen fest verankert. Warum sollen wir denn mehr für unser Schnitzel zahlen, wenn wir es doch auch billig in vorgegaukelter gleicher Qualität haben können? Massentierhaltung zu oft fragwürdigen Bedingungen darf sich so präsentieren, als lebten die Schweine im Glück. Ist das fair jenen Bäuer*innen gegenüber, die auf Klasse statt Masse setzen, deren Tiere auf der Alm grasen und ein artgerechtes Leben führen. Der Preis von Fleisch ist mittlerweile so „im Keller“, dass viele landwirtschaftliche Betriebe nicht mehr davon leben können. Und was ist mit den Kund*innen, die ihre Kaufentscheidungen treffen müssen, ohne die ganze Story von Produktion und Lieferketten zu kennen? Das Tierleid, die oft unzumutbaren Arbeitsbedingungen in der fleischverarbeitenden Industrie und die Auswirkungen der konventionellen Landwirtschaft auf unsere Umwelt, sollten eigentlich niemanden kalt lassen. Wie können wir denn mit unserem derzeitigen Konsumverhalten die Klimakrise abwenden? Das geht wohl nur, wenn wir unsere Einkaufsgewohnheiten hinterfragen. Wo, wie, in welcher Qualität und mit welchen Konsequenzen für Mensch, Tier und Umwelt werden unsere Lebensmittel produziert? Dafür brauchen wir Transparenz und authentische Werbung. Wer Wert darauf legt und es sich leisten kann, kauft heute schon Bio und ist damit auf der sicheren, guten Seite. Aber was ist mit jenen, die sich das nicht leisten können? Oder ist das nur eine Ausrede, weil andere Dinge wichtiger sind, als gesundes, gutes und nachhaltiges Essen? Noch werden in Österreich 1/3 aller Lebensmittel weggeworfen. Würden wir weniger und dafür bewusster einkaufen, wäre der höhere Preis auch nicht mehr das große Problem

Wissen schafft Klarheit

Es ist höchste Zeit, die Grenzen in der Werbung und Kommunikation neu zu ziehen. Andere Branchen müssen sich schon viele Jahre mit Beschränkungen in der Werbung auseinandersetzen. Die Finanzbranche hat seit der letzten großen Krise strenge Vorgaben, wie geworben werden darf, damit für Kund*innen klar ist, mit welchen Risiken sie ihr Geld veranlagen. „Sicher wie ein Sparschwein“, darf nur gesagt werden, wenn es auch tatsächlich ein Sparprodukt ist. Auch die Werbung der Pharmaindustrie unterliegt strengen Auflagen. Nur bei Lebensmitteln tut sich bis jetzt wenig. Die Kennzeichnungspflicht für stark zuckerhältige Lebensmittel gibt es genauso wenig, wie die Herkunftsbezeichnung für Bestandteile von Fertiggerichten. Mittlerweile fordert auch die Landwirtschaftskammer eine Herkunftskennzeichung, eine Notwendigkeit um das langfristige Überleben der Bäuer*innen in Österreich zu sichern. Durch Billigfleischimporte kommen Bäuer*innen bei uns gehörig unter Druck. Jeden Tag sperren in Österreich im Schnitt fünf Bauernhöfe für immer zu. Wenn sich nichts an den Rahmenbedingungen ändert, prognostiziert die Landwirtschaftskammer Österreich* werden bis zum Jahr 2025 rund 25 Prozent aller Bauern ihren Hof für immer schließen. Qualität und Geschäftsnischen sind die einzigen Chancen, wie die österreichischen Landwirt*innen überleben können. Dafür braucht es Transparenz und Ehrlichkeit. Damit haben Kund*innen die Möglichkeit, eine faktenbasierte Kaufentscheidung zu treffen. Es ist zu hoffen, dass bei den meisten die Vernunft siegt und wieder mehr qualitätsvolle Lebensmittel gekauft werden. Nur so können kleine Produzent*innen und Bäuer*innen wirtschaftlich überleben. Unsere Haltung und die daraus folgende Konsequenz beim Einkauf sollten Lebensmittel wieder zu dem machen, was sie immer schon waren – nämlich wertvoll.

* Studie Landwirtschaftskammer

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