Brot backen ist hip, seit Corona bäckt gefühlt jede/r Zweite in meinem Umfeld Brot. Und da ich Kochen liebe und mich ausreichend damit beschäftige, ist das Brotbacken trotz Pandemie immer hintangestellt worden. Aber möglicherweise ändert sich das jetzt. Denn Isidoro ist bei mir eingezogen. Das ist kein kuscheliges Kätzchen oder ein treuer kleiner Hund. Nein, das ist mein neuer Weizensauerteig, der in der Versuchsanstalt für Getreideverarbeitung für meine zukünftigen Brote, Semmeln und Salzstangerl herangereift ist. Ganz frisch angesetzt – unter der Leitung des fachkundigen und inspirierenden Christian Kummer. Er leitet die Versuchsanstalt, die im Auftrag von Mühlen, Bäckern und Landwirten Weizen, Dinkel und Roggen untersucht und die verschiedensten Getreide und Mehlsorten analysiert und erforscht. Und nicht nur das. Interessierte Mitarbeiter:innen der Getreide- Mehl- und Backbranche können in verschiedenen Kursen in die Handwerkskunst des Brotbackens und Sauerteigs-Ansetzens bis ins Detail eintauchen. Und auch ich durfte auf Einladung von Christian Kummer, gemeinsam mit Anne und Conny (beide arbeiten für Mühlen) Sauerteig ansetzen und mich geradezu wissenschaftlich dem Brotbacken widmen. Und wie so ein frischer Grundsauerteig entsteht, der im besten Falle über Jahrzehnte mit guter Pflege weiterlebt, erfährst du hier.

Grundsauerteig

Das Meisterstück, das wir im 2-tägigen Workshop gebacken haben, ist nach seinem Erfinder Christian Kummer benannt – das Kummericusbrot – angesetzt mit einem Weizensauerteig aus Ruchmehl. Ruchmehl gibt es in der Schweiz, es ist ein Mehl aus Weizen oder Dinkel, das noch einen Teil der äußeren Schalenschichten enthält. In Österreich entspricht es der Type 1600, in Deutschland der Type 1050. Auch mein Isidoro ist nach dem Kummericus-Grundsauerteig-Rezept entstanden. 11-Mal wurde er „gefüttert“, bis er stabil war. Die engagierte Katja aus der Versuchsanstalt für Getreide hat maßgeblich dazu beigetragen, dass Isidoro im Gärschrank bei 28 Grad so stattlich herangewachsen ist. Damit du auch zu deinem eigenen Grundsauerteig kommst, habe ich dir hier alles, was du dazu wissen musst, zusammengefasst.

Mehl, Wasser & die richtige Temperatur

Damit der Grundsauerteig prächtig wird, spielt die Temperatur eine entscheidende Rolle. Dazu gibt es eine essenzielle Formel zur Temperaturberechnung beim Herstellen des Grundsauerteiges, aber auch für das spätere Auffrischen deines Sauerteigs. Die Teigtemperatur sollte bei 26 – 28 Grad liegen. Entsprechend müssen die Zutaten temperiert werden. Damit das gelingt, solltest du dir ein Temperaturmaß mit digitaler Anzeige anschaffen.

Die richtige Formel für die optimale Teigtemperatur

  • Gewünschte Teigtemperatur liegt bei 28 Grad
  • Minus Teig-Erwärmung von etwa 5 Grad (durch das Mischen und Kneten)
  • Mit dem Faktor 3 multiplizieren

Ergebnis: 69 Grad

  • Minus der Raumtemperatur
  • Minus der Mehltemperatur

Das Ergebnis ergibt die ideale Wassertemperatur

Und mit dieser Formel ausgestattet, geht es auch schon los.

Zutaten Grundsauerteig/Anstellgut

  • 300 g Apfelsaft (frisch gepresst)
  • 450 g Wasser
  • 1200 g Weizenmehl/Ruchmehl (Type 1050 oder andere enzymreiche Typen)

Ansetzen Grundsauerteig/Anstellgut

Zuerst musst du die Äpfel mit Schale und Apfelputze grob reiben. Durch den Fruchtzucker und die in den Äpfeln enthaltenen Enzymen wird später der Gärprozess im Anstellgut aktiviert. Die geriebenen Äpfel am besten in einem sauberen Küchentuch auspressen, bis du 300 g Apfelsaft hast. Dann musst du die Temperatur des Saftes messen. Nachdem du die optimale Wassertemperatur nach der obenstehenden Formel errechnet hast, sollten die Flüssigkeiten vermischt diese Temperatur erreichen.

Dann vermischst du Flüssigkeit und Mehl miteinander und knetest es mit der Maschine zu einem homogenen Teig. Nicht vergessen, die Teigtemperatur immer wieder messen. Der Teig sollte zwischen 26 und 28 Grad warm sein. Dann gibst du dein Anstellgut in ein Gefäß, das so viel Platz lässt, dass es sich verdoppeln kann. Markiere am besten die Stelle am Topf, damit du siehst, wenn sich das Volumen verdoppelt hat.

Entwicklungsphase Anstellgut

Jetzt beginnt die Entwicklungsphase des Anstellgutes. Dabei ist es wichtig, dass der Teig bei einer Temperatur von 26 – 28 Grad gelagert wird. Und zwar für rund 24 bis 30 Stunden, in dieser Zeit sollte sich das Volumen verdoppeln.

Grundsauerteig-Führung

Sobald sich das Volumen von Anstellgut nach den ersten 24 bis 30 Stunden verdoppelt hat, nimmst du 1 kg vom Anstellgut, mischt es mit 1 kg Mehl und gibst 600 g Wasser dazu. Die Temperatur des Wassers kannst du auch mit einer schnellen Formel berechnen. 92 minus Temperatur Sauerteig, minus Temperatur Mehl, minus Raumtemperatur – das ergibt die Wassertemperatur – damit später die Teigtemperatur zwischen 26 und 28 Grad liegt. Den fertig gekneteten Grundsauerteig gibst du wieder in ein sauberes Gefäß, das groß genug ist, damit sich das Volumen verdoppeln kann. Dir bleibt in diesem Prozess immer wieder Anstellgut übrig, da du ja nur 1 kg davon verwendest. Den Rest gibst du entweder weg oder du startest eine Sauerteig-Kolonie und hast Anstellgut in verschiedenen Wachstumsphasen. Du kannst die Mengen natürlich auch von Anfang an reduzieren, am besten nimmst du dafür 1/3 der angegebenen Menge.

Zweite und weitere Grundsauerteig-Führungen

Die Auffrischung des Grundsauerteigs passiert immer nach demselben Procedere und wird so lange wiederholt, bis sich das Volumen in 3 bis 4 Stunden verdoppelt. Damit ist sichergestellt, dass sich der Grundsauerteig in seiner Hefeaktivität voll entwickelt hat. Und dann darf er abgedeckt mit einer Folie in den Kühlschrank. Insgesamt dauert der Prozess bis zu einem voll entwickelten Grundsauerteig rund eine Woche. Das heißt, du musst den Sauerteig etwa 10-Mal auffrischen. Mein Isidoro hat 11 Auffrischungen gebraucht und einmal hat es so ausgesehen, dass er es nicht schafft, weil er zusammengefallen ist. Aber er hat Stärke bewiesen und hat sich dann noch einmal zu voller Pracht entwickelt. Also nicht gleich aufgeben, falls einmal zu viel Zeit zwischen den Auffrischungen verstreicht.

Regelmäßige Auffrischung des Anstellgutes

Damit du ewig eine Freude mit deinem Anstellgut hast, musst du es pflegen. 1-mal pro Woche ist optimal. Dann werden wiederum 1000 g Weizenmehl mit 550 g temperiertes Wasser und 1000 g Anstellgut vermischt und geknetet. Dabei sollte wiederum eine Teigtemperatur von 26 – 28 Grad erzielt werden. Dann stellst du den Grundsauerteig abgedeckt mit Folie am besten über Nacht ins Backrohr, dass er wieder schön anwächst. Am nächsten Tag kannst du damit backen, bzw. der Rest kommt wieder in den Kühlschrank. Natürlich kannst du die Mengen jetzt reduzieren. Am besten, in dem du Freude & Familie etwas von deinem Sauerteig abgibst. Denn, das ist das Schöne am Sauerteig, ob man will oder nicht, er vermehrt sich sowieso. Das Motto lautet also: Doppelte Freude, ist auch geteilte Freude. Aber was wäre der Sauerteig, wenn er nicht in einem köstlichen Brot münden würde! So wie im einfach zu machenden Krustenbrot.

Ein besonderer Dank gilt Katja, die sich so umsichtig um meinen Isidoro gekümmert hat, wenn ich nicht auffrischen kommen konnte. Ich werde mein Bestes geben, dass Isidoro es gut bei mir hat. Die hoffentlich erfolgreichen Brot- und Gebäck-Ergebnisse und Erkenntnisse erfährst du natürlich alle hier am Blog. Und wer noch tiefer in das Thema Sauerteig, Getreide und Brot eintauchen möchte, dem empfehle ich das „Küchengespräch“ mit Christian Kummer.

Isi

Isi

Ich koche mit Leidenschaft. Genießen mit Verantwortung ist mein Credo.

2 Kommentare

  • Anne Irnberger sagt:

    Es waren so spannende 2 Tage… und ich hab mich richtig gefreut, dass ich dich kennen lernen durfte. Mein Woazi gedeiht auch prächtig und wurde schon fleißig zum Backen eingesetzt! Ich hoff bis auf bald. GLG Anne

    • Isi sagt:

      Liebe Anne, ja, es war super! Sehr cool, dass dein Woazi schon so aktiv ist. Und ich hoffe auf ein Wiedersehen. In der Zwischenzeit halte ich dich Brot-technisch hier am Blog am Laufenden. Liebe Grüße. Isi

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